Gedenken an die während der NS-Zeit Verfolgten an der Schule

Anlässlich des Schuljubiläumsjahres 2022/23 wurden zwei große Projekte im Gedenken an ehemalige Schülerinnen und Lehrerinnen unserer Schule durchgeführt, die während Zeit des Nationalsozialismus ausgegrenzt, enteignet, verfolgt oder ermordet wurden. Seit den Neunzigerjahren erinnert eine Gedenktafel im Hauptgebäude an die Schicksale der 1933 entlassenen Kunsterzieherin Gretchen Wohlwill und die später ermordete Lehrerin Martha Berend.

Im “Stolpersteinprojekt” konstituierte sich eine Gruppe interessierter Schülerinnen unter der Leitung unseres Geschichtslehrers Simon Raß, um über die Schicksale weiterer Menschen an unserer Schule zu recherchieren und ihrer zu gedenken. Wir danken Herrn Raß sehr herzlich für die Initiative und seine Begleitung des Stolpersteinprojekts, das unten ausführlich beschrieben wird. Die recherchierten Biografien der während der NS-Zeit ermordeten Schülerinnen und der Lehrerin Martha Berend können Sie unten ebenfalls nachlesen. Neben den im Sommer 2023 verlegten Stolpersteinen erinnern wir seit Februar 2024 wir im Eingangsbereich der Schule nun mit einer weiteren Gedenktafel an die etwa 130 Schülerinnen und Lehrkräfte, die während der NS-Zeit unsere Schule verlassen mussten und verfolgt wurden.

Im “Gretchen-Projekt” hat sich der Theaterprofilkurs des 11P6 (Leitung: Herr Lampe / Kunstwerkstatt: Frau Kutschke) im Schuljubiläumsjahr mit der wegen ihrer jüdischen Herkunft von unserer Schule 1933 entlassenen Kunsterzieherin Gretchen Wohlwill befasst und mit der Performance “Gretchen. Bilder der Erinnerung” den BERTINI-Preis gewonnen. Über Gretchen Wohlwills Leben und Schicksal sowie über das Projekt (2023)  können Sie hier in eigenen Beiträgen lesen.

Das Stolpersteinprojekt

Allein in Hamburg gibt es mittlerweile fast 6600 dieser kleinen Messingplatten, die nicht nur an den ehemaligen Wohnorten der meist jüdischen Opfer verlegt werden, sondern auch an Orten, an denen sie gewirkt, gelehrt, gelernt oder gearbeitet haben. Insofern überraschte es vielleicht, dass bis vor kurzem keine Stolpersteine am Emilie-Wüstenfeld-Gymnasium zu sehen waren. Dies hat sich nun geändert. Denn wir wussten, dass an der damaligen Emilie-Wüstenfeld-Schule (EWS) durchaus Lehrkräfte tätig waren, die im Nationalsozialismus verfolgt bzw. ermordet wurden, so auch die ehemalige Lehrerin Martha Behrend. Und unter den Schülerinnen – damals war die EWS eine reine Mädchenschule – gab es mit Sicherheit auch etliche Opfer des NS-Regimes, wie zum Beispiel die ehemalige Schülerin und spätere Widerstandskämpferin Magda Thürey.

Da so ein Unterfangen sehr viel Recherchearbeit erfordert, brauchten wir die Mithilfe unserer Schüler*innen: So wurde im September 2022 eine Arbeitsgruppe gegründet und für alle ab der 10. Klasse geöffnet, die Interesse an historischer Forschung hatten und in aufwändiger Recherchearbeit herausfinden wollten, welche ehemaligen Mitglieder der Schulgemeinschaft vom NS-Regime verfolgt und ermordet wurden.

Es meldeten sich viele geschichtlich Interessierte, um an diesem Projekt mitzuwirken, sodass sich letztendlich eine Gruppe von 19 Schülerinnen im Herbst 2022 an die Arbeit machte, die zunächst daraus bestand, Namen ehemaliger Schülerinnen in diversen Schulakten, z.B. in Abgangs- und Aufnahmebüchern, im Staatsarchiv zu sichten und mit den Namen der Gedenkbücher des Bundesarchivs und der Gedenkstätte Yad Vashem abzugleichen. Damit uns auch keine ehemalige Schülerin entging, wurden nicht nur Namen abgeglichen, die auf eine jüdische Herkunft schließen ließen oder die mit einer entsprechenden Bemerkung in den Akten versehen waren: Nein, es mussten tatsächlich alle Namen überprüft werden. Diese Tätigkeit war nicht nur sehr arbeitsintensiv und zeitaufwendig, sondern auch sehr nervenaufreibend, da es in den meisten Fällen keine namentlichen Übereinstimmungen gab. Doch dem hohen Engagement der Schülerinnen ist zu verdanken, dass bei der Recherche durch Zufall sogar einige schulfremde Hamburgerinnen gefunden wurden, für die nun ebenfalls Stolpersteine an ihren ehemaligen Wohnorten verlegt werden sollen.

Unterstützt wurde unsere Arbeitsgruppe von Anfang an von Frau Christina Igla von der Hamburger Stolperstein-Initiative, die den Schülerinnen beim Recherchieren eine unverzichtbare Hilfe war und unsere Arbeit nicht nur eng begleitete, sondern auch in die richtigen Bahnen lenkte. Ohne sie wäre das Projekt ganz sicher nicht so erfolgreich geworden. Sie sichtete Akten, sortierte aus, überprüfte Namen, leistete eine Menge Vorrecherche und schaffte so erst die Grundlage für das Gelingen des Projekts.

Jedoch stieß die Gruppe bei ihrer Recherche nicht nur auf Namen ehemaliger jüdischer Schülerinnen, die ermordet wurden, sondern auch auf die, die sich durch Flucht ins Ausland retten konnten. Bei weiteren Recherchen im Staatsarchiv und in der Forschungsstelle für Zeitgeschichte konnten insgesamt ca. 130 Namen ehemaliger Schülerinnen der EWS zusammengetragen werden, die auf diese Weise den Holocaust überlebten. Da Stolpersteine jedoch nur für ermordete Opfer des Nationalsozialismus verlegt werden, stand schnell fest, dass zusätzlich auch eine Gedenktafel für die Überlebenden entstehen musste, denn an sie wollen wir ebenfalls erinnern.

Am 10. Juni werden nun 9 Stolpersteine auf dem Bürgersteig vor der Schule (Bundesstraße 78) verlegt, die an 8 ehemalige Schülerinnen und eine Lehrerin erinnern:

Lehrerin: Martha Behrend
Schülerinnen: Rahel Brueh (geb. Schapiro), Julie Cahn (geb. Horwitz), Hildegard Czyzyk (geb. Giesnow), Ilse Frensdorf (geb. Fallek), Alice Maschke (geb. Fraenkel), Irmgard Masse, Blanka Frieda Redlich (geb. Neumark), Magda Thürey (geb. Bär).

Die geplante Gedenktafel trägt ca. 130 Namen. Stellvertretend für sie werden begleitend 11 Lebensgeschichten von unseren Schülerinnen recherchiert und rekonstruiert, um auf unserer Website veröffentlicht zu werden. Die Schülerinnen verbrachten hierfür einige Zeit im Staatsarchiv. An dieser Stelle möchten wir Frau Mügge und dem gesamtem Team des Lesesaals des Staatsarchivs für die unbürokratische Hilfe bei unseren Besuchen danken.

Unser besonderer und allerherzlichster Dank gilt Christina Igla, ohne deren unermüdlichen Einsatz dies nicht möglich gewesen wäre. Auch Maria Koser und Peter Hess von der Stolperstein-Initiative halfen mit praktischen Tipps. Ebenfalls bedanken möchten wir uns bei allen Mitgliedern der Gruppe für ihre ausdauernde Arbeit: Feline, Fillis, Hannah, Josephine, Julie, Milla, Noomi, Tilda, Sarah, Alva, Amina, Eske, Hannah, Helene, Ida und Karla, Emilia und Paula den Jahrgängen 10 und 11 im Jubiläumsjahr 2022/23.

Simon Raß, Lehrer am ewg (Englisch, Geschichte), April 2023

Verlegung der Stolpersteine – Bilderegalerie

Medienberichte über das Projekt

Bericht im Hörfunk bei NDR 90,3

Hamburg Journal (NDR) vom 10.06.2023

Hamburger Abendblatt vom 12.06.2023

Bericht im Elbe Wochenblatt vom 24.06.2023

Gedenktafel von 1993 im Hauptgebäude

Biografien im Gedenken an einige der Schülerinnen und Lehrkräfte unserer Schule, die während der NS-Zeit ermordet oder verfolgt wurden:

Martha Behrend, geb. 3.12.1881 in Hamburg, am 18.11.1941 nach Minsk deportiert

Martha Behrend hatte die Ausbildung für das höhere Lehramt absolviert und unterrichtete an der Emilie-Wüstenfeld- Schule. Sie lehrte Handarbeit und Turnen. Ehemalige Schülerinnen berichteten, “dass die EWS damals als die strengste Schule Hamburgs galt. Das Verhältnis zu den Lehrern war äußerst distanziert. Die Schülerinnen erfuhren nichts aus dem privaten Bereich der Lehrer. Sie wussten auch nicht, dass ihre Sportlehrerin, die strenge Frau Behrend, Jüdin war.”

Zusammen mit der Malerin Gretchen Wohlwill gehörte Martha Behrend der “Kindergesellschaft” an, einer lockeren Verbindung von Lehrerinnen, die abendliche Zusammenkünfte veranstaltete.

Martha Behrend und ihre Schwestern waren unverheiratet und wohnten mit den Eltern und ihrem ebenfalls ledigen Bruder Edwin in einem Haus in der Klosterallee 28. Nach dem Tod der Eltern 1921 und 1922 wohnten Martha, Edwin und Helene im Parterre, Frieda und Edith im Stockwerk darüber, und im 2. Stock lebte Elsa. Im November 1931 zogen sie in die Hochallee 23 und bewohnten auch dort drei Wohnungen.

Die Schwestern Martha, Edith, Elsa und Helene wurden am 18. November 1941 nach Minsk deportiert. Regina van Son, eine Freundin, schrieb am 17. November in ihr Tagebuch: “Ich habe heute einen richtigen Kater. Der Abschied von den 4 Behrend ist mir doch recht nahe gegangen. Bis auf Helene waren sie sehr tapfer, und sie gab sich auch viel Mühe. Ich war heute noch von 11-1 Uhr da, half aber gar nichts, denn erstens war genug Hilfe da, und zweitens war ich von den letzten Tagen erschlagen. … Es war erhebend zu sehen, wie viele Freunde die B[ehrend]s haben, und alle halfen ihnen, und alle brachten ihnen die schönsten Sachen zum Mitnehmen. Ich konnte diesmal nur wenig zusteuern; ich habe mich schon ziemlich bei Hess und bei Kahns ausgegeben, und schließlich muss ich ja auch an mich denken.”

Die vier Schwestern fuhren fünf Tage lang in überfüllten Zügen in das Getto Minsk. Dort angekommen, empfing sie bei minus 25 Grad eisige Kälte und ein Lager, in dem kurz zuvor Tausende Menschen umgebracht worden waren, um für den neuen Transport Platz zu schaffen. Die Menschen litten furchtbar unter Hunger, Kälte und willkürlichen Erschießungen; die Sterberate war extrem hoch. Wie lange die Schwestern diesen Terror überlebten, wissen wir nicht.

(vollständige Biografie von Maria Koser, unter: https://www.stolpersteine-hamburg.de, gekürzt von Simon Raß)

Rahel Brüh, geb. Schapiro, geboren am 19.5.1915

Rahel Brüh, geb. Schapiro, ist am 19.5.1915 in Peterpawlow, Sibirien, Russland geboren. Im jungen Alter zog sie mit ihren Eltern nach Hamburg, Geschwister sind nicht bekannt.

Sie war von Ostern 1931 bis Ostern 1933 Schülerin an der EWS und hatte hier ihren Schulbesuch nach dem Erreichen der Unterprima beendet. Bekannt war Rahel für eine ausgeprägte eigene Meinung. In ihrem Abschlusszeugnis wurden ihr eine sehr gute Teilnahme am Unterricht und eine sehr gute Führung bescheinigt.  Eine im späteren Wiedergutmachungsverfahren befragte ehemalig Lehrerin gab an, dass sich Rahel mit dem Gedanken beschäftigte, nach Palästina zu gehen.

Wann Rahel Schapiro ihren späteren Ehemann Simon Brüh kennenlernte, wissen wir nicht. Dieser wurde am 15.3.1907 in Hannover geboren und arbeitete in Altona als Händler für Neu- und Altmetalle.

Die Hochzeit der Beiden fand auf Anregung von Rahels Vater Moisey Schapiro Mitte 1936 in Riga statt. Dort lebten noch Verwandte und es bot sich eine Möglichkeit, in einem friedlichen Umfeld zu feiern.

Ihre gemeinsame Wohnung fanden Rahel und Simon Brüh in der Hudtwalckertwiete 8 in Hamburg Winterhude. Am 19.4.1937 wurde ihre einzige Tochter Tamara geboren.

Aufgrund der nationalsozialistischen Verfolgung in Deutschland plante die kleine Familie eine Auswanderung nach Finnland über Riga.

Der weitere Verlauf ist nicht bekannt, der letzte aufgezeichnete Aufenthaltsort ist das Getto in Riga. Wann sie dort ankamen und wann sie verstarben ist nicht bekannt.

(Biografische Spuren zusammengestellt von Josephine und Milla, 10a)

Julie Cahn, geb. Horwitz, geb. am 16.4.1904 in Hamburg, ermordet am 23.9.1940 in der Tötungsanstalt Brandenburg an der Havel 

Die Tochter jüdischer Eltern wurde am 16.4.1904 als Julie Horwitz in der Rentzelstraße 19 im Stadtteil Rotherbaum geboren. Ihr Vater war der Prokurist Samuel Philip Horwitz, ihre Mutter Hedwig, geborene Friedheim.

Die Familie wohnte ab 1910 in der Sedanstraße (ebenfalls Rotherbaum) und ab 1922 in der Oderfeldstraße in Harvestehude. Julie Horwitz war Schülerin der Emilie-Wüstenfeld-Schule.

Mit 19 ½ heiratete sie den jüdischen Kaufmann Victor Cahn und zog zu ihm nach Berlin. Das Ehepaar Cahn bekam drei Töchter, Eva, geboren 1925, Hanna, geboren 1926 in Berlin, und Suse, geboren 1928. 1930 wurde die Ehe geschieden.

Zurück in Hamburg bewohnte Julie Cahn mit ihren drei Töchtern eine Kellerwohnung in der Brahmsallee 23.

Julie Cahn litt an einer Geisteskrankheit. Weil sich nicht fähig war, für ihre Töchter zu sorgen, waren die Mädchen im Mädchenwaisenhaus “Paulinenstift”, Laufgraben 37, im Stadtteil Rotherbaum, untergebracht.

Ab August 1938 lebte Julie Cahn in mehreren Anstalten, zunächst im Versorgungsheim Hamburg–Farmsen, wenig später in der Psychiatrischen und Nervenklinik der Hansischen Universität in Friedrichsberg und schließlich in der Heil- und Pflegeanstalt Langenhorn.

Ein Onkel von Julie Cahn, der in Schweden lebte, nahm ihre drei Töchter Anfang 1939 bei sich auf.

Im Frühjahr/Sommer 1940 ließ die “Euthanasie”-Zentrale in Berlin, Tiergartenstraße 4, die in Anstalten lebenden jüdischen Menschen erfassen und in sogenannten Sammelanstalten zusammenziehen. Die Heil- und Pflegeanstalt Hamburg-Langenhorn wurde zur norddeutschen Sammelanstalt bestimmt. Am 23. September 1940 wurde 136 jüdische Menschen aus Langenhorn abtransportiert und mit einer Ausnahme noch am selben Tag in der Gasmordanstalt in Brandenburg an der Havel mit Kohlenmonoxyd getötet.

Wir wissen nicht, ob Julie Cahns Angehörige Kenntnis von ihrem Tod erhielten. In allen Sterbemitteilungen wurde behauptet, dass der oder die Betroffene in Chelm östlich von Lublin verstorben sei. Zudem wurden spätere Sterbedaten als die tatsächlichen angegeben. Die in Brandenburg Ermordeten waren jedoch nie in Chelm. Mit diesen Lügen sollte die Mordaktion verschleiert werden.

An Julie Cahn erinnert ein Stolperstein in Hamburg-Harvestehude, Brahmsallee 23.

(vollständige Biografie unter: https://www.stolpersteine-hamburg.de, geschrieben und gekürzt von Ingo Wille)

Hildegard Czycyk, geb. Giesenow, geb. 28.8.1904 in Schloppe

Hildegard Czyzyk, geboren Giesenow, war eine ehemalige jüdische Schülerin an der Emilie Wüstenfeld Schule von Februar 1916 bis Ostern 1922. Zwischendurch besuchte sie zwei Jahre lang die Klosterschule.
Sie ist geboren am 28. August 1904 in Schloppe, im heutigen Polen, damals noch im Landkreis Deutsch Krone. Aufgewachsen ist Hildegard in Hamburg.

1933 hat sie den, in Polen geborenen, Abram Czyzyk geheiratet und am 17. Juni 1934 den gemeinsamen Sohn Charles bekommen. Zu der Zeit lebte die Familie schon in Danzig, einer Hafenstadt in Polen. Als der Krieg begann und es sich herumsprach, dass die Nazis bald in Polen einmarschieren würden, versuchte Hildegards Mann, Visa und Reisepässe für die dreiköpfige Familie zu besorgen, um nach Australien zu flüchten.

 Zuerst jedoch fanden sie Zuflucht bei Verwandten in Warschau. Da Hildegard und ihr Sohn rechtzeitig noch keinen Reisepass hatten, ist ihr Mann zur Sicherheit nach Australien geflohen und wollte seine Familie von dort aus holen.

Anfang 1940 wurden Hildegard und ihr Sohn unwissend in das Warschauer Ghetto geschickt. Es gibt leider keine genauen Angaben, jedoch soll Hildegard noch im Ghetto umgekommen sein und Charles im KZ. Von beiden ist das Todesdatum der Tag der Befreiung, der 08.05.1945. 

(Biografische Spuren zusammengestellt von Feline, Fillis, Alva, Stella und Eske, 10a und 10d)

 

Ilse Frensdorff, geb. Fallek, geb. 24.April 1901 in Hamburg, am 8. November 1941 nach Minsk deportiert

Am 24. April 1901 wurde in der Bismarckstrasse 16 ein Mädchen geboren, das ihr Vater beim Standesamt auf den Namen Ilse Fallek anmeldete. Leon und Cäcilie Fallek wurden durch die Geburt von Ilse zum zweiten Mal Eltern.

Die Eltern schulten Ihre Tochter zuerst in der Israelitischen Mädchenschule in der Carolinenstraße ein. Im Oktober 1910 erfolgte der Schulwechsel zur Emilie-Wüstenfeld-Schule, die Ilse Fallek bis zum Oktober 1916 besuchte.

Über eine mögliche Berufsausbildung ist uns derzeit (noch) nichts bekannt.

Ilse Fallek heiratete am 26. Januar 1921 den im Dezember 1895 in Hannover geborenen Kaufmann Max Frensdorff. Das Paar lebte in Altona „Große Gärtnerstraße 13“. Dort kam am 6. Juli 1924 die Tochter Edith zur Welt.  Sie blieb deren einziges Kind. Max Frensdorff war Mitinhaber des Familienbetriebes „Julius Frensdorff & Söhne Wagenfabrik“ Bleicherstraße 78.
Im April 1938 zog die Familie nach Hamburg, Hansastrasse 73.

Dort lebten Ilse und Max Frensdorff noch im Mai 1939, wie wir aus den Ergebnissen der Volkszählung wissen. Die Karteikarte der Mitgliedschaft im jüdischen Religionsverband wies für die Jahre 1940/1941 aus:  Kein Einkommen, kein Vermögen.

Am 8. November 1941 musste das Ehepaar Frensdorff den Weg in das Ghetto Minsk antreten. Von dort kamen sie nicht zurück.

Ihre Tochter Edith hatten sie vermutlich mit den Großeltern Fallek im April 1939 nach Belgien geschickt. Dort entkam Edith nicht den Fängen der Nationalsozialisten. Sie wurde von der Sammelstelle Kazerne Dossin im belgischen Ort Mechelen nach Auschwitz deportiert und am                       2. Oktober 1942 ermordet.

Von den in Hamburg ansässigen Familienmitglieder hat vermutlich niemand überlebt. Eine Gedenktafel auf dem Jüdischen Friedhof Ilandkoppel in Hamburg zeigt die Namen von zehn weiteren Opfern dieser Familie.

(Biografische Spuren zusammengestellt von Christina Igla, vollständige Biografie unter: https://www.stolpersteine-hamburg.de)

Alice Maschke, geb. Fränkel, geb. 24.2.1912 in Hamburg, deportiert am 8. November 1941 nach Minsk

Alice Maschke wurde am 24.2.1912 als Tochter von Henriette und Arthur Fränkel geboren. Sie lebten in der Isestraße 36. Alice besuchte die EWS von Ostern 1919 bis zum 16.3.1932. Ihr Vater verstarb.

Im Spätsommer 1939 zogen Alice und ihre Mutter zu dem Bruder von Arthur Fränkel, Georg Fränkel, in die Isestraße 23, nachdem sie ihre eigene Wohnung hatten aufgeben müssen. Alice arbeitete in Hamburg als Bankangestellte. Am 27. August 1938 heiratete sie Erich Maschke, Sohn von Zerline Maschke und Willi Maschke, welcher mit seiner Frau (?) und Schwiegermutter in die Wohnung der Familie Fränkel zog.

Am 8. November 1941 wurden Alice und Erich Maschke nach Minsk deportiert, wo sie zu einem unbekannten Zeitpunkt zu Tode kamen.

Henriette und Georg Fränkel mussten Anfang 1942 in ein „Judenhaus“ in der Dillstraße ziehen. Am 15. Juli 1942 mussten sie sich in der Schule Schanzenstraße einfinden, von wo sie nach Theresienstadt deportiert wurden. Henriette Fränkel wurde nach zwei Monaten in Theresienstadt nach Treblinka deportiert und dort ermordet. Georg Fränkel starb am 8. Februar 1943 in Theresienstadt.

(vollständige Biografie von Christa Fladhammer unter: https://www.stolpersteine-hamburg.de, gekürzt von Helene Schulte, 10d)

Irmgard Masse, geb. 12.10.1915 Hamburg, deportiert von Berlin aus am 13. Oktober 1943 nach Auschwitz

Am 12. Oktober 1915 wurde Irmgard Masse als mittleres Kind von fünf Geschwistern in Hamburg geboren.

Ihre Eltern, der Kaufmann Alfred Masse und Margot, geb. Jonas stammten beide aus Hamburg. Die Familie lebte seit 1922 in der Heimhuderstrasse 63. Nach den Aufnahmebüchern der Emilie-Wüstenfeld-Schule wurde Irmgard zu Ostern 1926 eingeschult. Ihr dreijähriger Schulbesuch wurde mit der Aushändigung des Abschlusszeugnisses am 16. März 1929 beendet. Der im sog. Abgangsbuch angegebene Grund: „Curschmannstrasse“ lässt vermuten, dass damit der Wechsel in die 1928 als Realschule und Realgymnasium für Mädchen gegründete Schule in der Curschmannstrasse gemeint ist.

Zwei Monate vor ihrem Schulwechsel, starb im Januar 1929 ihr Vater Alfred im Alter von nur 46 Jahren. Ihre Mutter Margot kümmerte sich nun allein um die weitere Erziehung der Kinder. Von Irmgards weiterem Lebenslauf wissen wir, dass sie mit ihrer Mutter und den Schwestern Gerda und Edith im Jahr 1933 nach Siekholz (heute im Kreis Detmold) gezogen ist.

Ihren weiteren Lebensweg können wir derzeit nur bruchstückhaft verfolgen.
Bei der Volkszählung vom 17.5.1939 war sie in Berlin Charlottenburg gemeldet. Irmgard Masse arbeitete dort als Kindergärtnerin. Diesen Beruf durfte sie als Jüdin nicht mehr ausüben. Sie soll als Fotografin gearbeitet haben. Später wurde sie zur Zwangsarbeit für eine Rüstungsfirma verpflichtet, welche Batterien, Taschenlampen und Patronenhülsen herstellte.

Am 14. Oktober 1943 wurde Irmgard Masse in einem Waggon gemeinsam mit 78 weiteren Menschen von Berlin aus nach Auschwitz deportiert. Dort ist sie ermordet worden.

Ihre Mutter starb am 02. April 1943 im Ghetto Theresienstadt, ihre Schwester Gerda starb im Ghetto Riga, wohin sie am 15. Dezember 1941 deportiert wurde. Die drei weiteren Geschwister überlebten den Holocaust in den USA.

(Biografische Spuren zusammengestellt von Christina Igla)

 

Blanka Frieda Redlich, geb. Neumark, geb. am 25. Juli 1905 in Hamburg, deportiert am 8.11.1941 nach Minsk

Blanka Frieda Redlich kam am 25.7.1905 in Hamburg als ältestes von drei Kindern des Ehepaares Alfred und Helene Neumark, geb. Nathan, zur Welt. Sie hatte zwei jüngere Geschwister. Die Familie lebte im Haus Schwanenwik 27, das sich im Hamburger Stadtteil Uhlenhorst direkt an der Alster befand. Nachdem ihr Vater seine Arbeit verlor, musste die Familie zur Untermiete in die Schlüterstraße 9 ziehen.

Erst seit den späten 1920er Jahren finden sich Notizen über Blankas Leben bzw. ihren Beruf in den Akten des Staatsarchivs Hamburg. Ihre Schwester, gab an, dass sie zunächst die EWS und danach die “Handelsschule Grone” besuchte. Blanka Redlich war als Verkäuferin tätig. Sie arbeitete über 4 Jahre als Verkäuferin, in verschiedenen Geschäften für Küchengeräte. Während dieser Zeit kam am 26.2.1931 Blankas unehelicher Sohn Georg Siegfried in Hamburg zur Welt.

Der Vater des Kindes war Willy Bauer, vermutlich ebenfalls jüdischer Herkunft. Das Verhältnis zwischen Blanka Redlich und Willy Bauer war sehr problematisch. Willy Bauer war zwar der Erzeuger des Kindes, nicht aber dessen Vormund; hierzu wurde Blankas Vater Alfred Neumark bestellt.

Nachdem sie sich von der Schwangerschaft erholt hatte, wurde sie bei der Firma “Daniel Gutter” eingestellt. Dort arbeitete sie bis zum 31. Januar 1933.

Alice Neumark erinnerte sich später daran, dass Blanka aus “rassischen Gründen” gekündigt worden sei. Danach hatte sie mehrere kleine Beschäftigungen, bis sie im Dezember 1936 aus dem Erwerbsleben ausschied. Blanka Neumark stellte zwischen 1932 und 1937 immer wieder Anträge auf Arbeitslosen- bzw. Krisenunterstützung, denn das Einkommen ihres Vaters reichte nicht für den Unterhalt der sechsköpfigen Familie.

Vermutlich 1937 heiratete Blanka Neumark Chemikalienmakler Hans Redlich. Das Ehepaar zog in eine gemeinsame Wohnung. Ihr Sohn blieb jedoch bei den Großeltern, da Alfred Neumark sein gesetzlicher Vormund war. Das Ehepaar Redlich zog mehrmals um, bis sie 1940 in die Moltkestraße 47a zogen, von wo aus Blanka und Hans Redlich am 8. November 1941 nach Minsk deportiert wurden. Hans Redlich stand ursprünglich nicht auf der Deportationsliste, sondern meldete sich freiwillig zur “Evakuierung”, da er sonst allein in Hamburg zurückgeblieben wäre. Georg Neumark wurde mit seiner Mutter Blanka Redlich und seinem Stiefvater Hans Redlich nach Minsk deportiert. Blankas Eltern gelang es allerdings 1941 nach Argentinien auszuwandern.

Blankas Schwester Alice ging in den 1930er Jahren nach Frankreich, wurde von Paris aus in das Konzentrationslager Gurs deportiert, von dort entlassen und konnte bis Kriegsende mit gefälschten Papieren in Montauban untertauchen. Nach Kriegsende ging sie nach Argentinien und stellte von dort aus in den 1950er und 1960er Jahren

Wiedergutmachungsanträge für ihre ermordete Schwester.

(vollständige Biografie von Nelly Birgmeier, Anika Reineke (leicht überarbeitet v. B. Meyer) unter unter: https://www.stolpersteine-hamburg.de, gekürzt von Ida Kümmel und Hannah Oeser, 10d)

Magda Thürey, geb. Bär, geb. am 4.3.1899 in Hamburg, verfolgungsbedingt gestorben am 17.7.1945

MAGDA THÜREY (GEBORENE BÄR) * 1899
Emilienstraße 30 (Eimsbüttel, Eimsbüttel)

Verhaftet Herbst 1943 KZ Fuhlsbüttel
Verstorben an Haftfolgen 17.07.1945
Weitere Stolpersteine in Emilienstraße 30:
Paul Thürey
Magda Thürey, geb. Bär, geb. am 4.3.1899 in Hamburg, verfolgungsbedingt gestorben am 17.7.1945
Paul Thürey, geb. am 16.7.1903, 1943/44 mehrfach verhaftet wegen Vorbereitung zum Hochverrat, am 3.5.1944 vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt, am 26.6.1944 hingerichtet

Das Ehepaar Magda und Paul Thürey gehörte zu den wenigen Hamburger*innen, die gegen das NS-Regime aktiv Widerstand leisteten und für diesen Mut mit ihrem Leben zahlten. Die Thüreys gehörten zu der kommunistischen Widerstandsgruppe Bästlein-Jacob-Abshagen, die sich um 1940 bildete.

Magda Thürey wurde als Augusta Luise Magda Bär 1899 in Hamburg am Grindelberg 33 geboren.
Magda besuchte das Emilie-Wüstenfeld-Lyzeum und absolvierte bis 1919 eine Ausbildung zur Lehrerin im Lehrerseminar Hohe Weide in Eimsbüttel. Schon als junge Frau knüpfte sie Kontakte zu reformorientierten, politisch linken Gleichgesinnten. Sie war beeinflusst von der Wandervogelbewegung und engagierte sich in der Freideutschen Jugend. 1925 trat Magda Thürey der KPD bei und gehörte für die Partei kurz vor 1933 zeitweilig der Hamburgischen Bürgerschaft an, wo sie als Spezialistin für Schulfragen galt.

Sie unterrichtete ab 1919 in Eimsbüttel. Als sie im Juli 1933 aus dem Schuldienst entlassen wurde, lebte sie bereits ge­meinsam mit Paul Thürey in der Alsterdorferstraße 192. Im November 1932 und April 1933 hatte es in der Wohnung Haussuchungen gegeben. Wegen einer Mitgliedschaft in der KPD wurde sie entlassen.

Nach der Zerstörung ihrer beruflichen Existenz heirateten Magda Bär und Paul Thürey am 27. Dezember 1933. Auch Paul Thürey war arbeitslos. Um sich eine Existenz zu schaffen, erwarb das Ehepaar ein Seifengeschäft in der Osterstraße 100, das später in die Emilienstraße 30 verlegt wurde. Der Laden trug den Namen “Waschbär” – ein Wortspiel mit Magdas Mädchennamen. Das Geschäft diente von Anfang an auch als Treffpunkt für die illegale KPD. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs war der Laden eine wichtige Anlaufstelle für die kommunistische Widerstandsgruppe. In Seifenkartons wurden Flugblätter und illegale Druckschriften versteckt.

Die Widerstandsgruppe entstand aus KPD-Genossen, die 1933 verfolgt und inhaftiert wurden, zu einem Zeitpunkt, als sich das nationalsozialistische Regime auf dem Höhepunkt seiner Macht und Akzeptanz befand. Im Herbst 1943 erhielt die Gestapo durch einen Spitzel Kenntnis davon, dass die Seifenhandlung “Waschbär” als Anlaufstelle für illegal lebende Mitglieder der Bästlein-Organisation diente. Am 30. Oktober 1943 nahm die Gestapo Magda Thürey in “Schutzhaft” und ließ sie ins Gefängnis Fuhlsbüttel bringen. Sie musste alle Rechte und Pflichten an dem Geschäft übertragen. Von nun an benutzte die Gestapo den Laden “Waschbär” als Falle. Die Gestapo enttarnte die Widerstandsgruppe, und auch andere Mitglieder wurden verhaftet.

Magda Thürey war krank. Seit ihrem 31. Lebensjahr litt sie an Multipler Sklerose (Verdickung von Organgeweben), eine Krankheit, die sich durch die Haftbedingungen rapide verschlimmerte. 1944 kam sie, bereits bewegungsunfähig, ins Krankenhaus Langenhorn auf die Station für Nervenkranke, erhielt jedoch auch dort nicht die nötige medizinische Versorgung. Curt Bär überlebte wie Magda Thürey das Kriegsende und konnte seine Schwester 1945 nach Hause holen, wo diese allerdings bereits am 17.7.1945 im Alter von 46 Jahren an den Haftfolgen starb. Als Todesursache wurden Multiple Sklerose und Dekubitus eingetragen.

Paul Thürey wurde zum Tode verurteilt und am 26.6.1944 und im Alter von 41 Jahren im Hamburger Untersuchungsgefängnis enthauptet.

Magda Thüreys Begräbnis kurz nach Kriegsende wurde zur ersten und einzigen großen Einheitskundgebung der linken Arbeiterparteien in Hamburg. Karl Meitmann für die SPD und Friedrich (Fiete) Dettmann für die KPD reichten sich über dem Grab symbolisch die Hände und versprachen, den Bruderkampf niemals wieder aufleben zu lassen.

Magda und Paul Thürey sind auf dem Ehrenfeld der Geschwister-Scholl-Stiftung auf dem Friedhof Ohlsdorf begraben. Um an sie zu erinnern, wurde 1981 in Niendorf die Thüreystraße nach ihnen benannt. Ebenfalls erinnern zwei Stolpersteine an das Ehepaar an ihrem ehemaligen Wohnort Emilienstraße 30 in Hamburg Eimsbüttel.

(vollständige Biografie von Susanne Lohmeyer unter: https://www.stolpersteine-hamburg.de, gekürzt von Hannah K.,  Julie und Noomi, 10a)

Margaret Augusta Hirsch, geb. Lippmann

Margaret Augusta Hirsch, geb. Lippmann wurde am 5.8.1911 in Hamburg geboren und hat trotz ihrer jüdischen Abstammung den zweiten Weltkrieg überlebt.
Zunächst wohnte sie mit ihrer Familie in der Agnesstraße 53. Ihr Vater, Prof. Dr. Arthur Lippmann, war Professor am Allgemeinen Krankenhaus St. Georg. Er wurde jedoch Ende des Jahres 1933 im Zuge des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums v. 7.4.1933“ entlassen. Der in diesem Gesetz enthaltene „Arierparagraph“ verbot die Beschäftigung von „Nichtariern“ im öffentlichen Dienst. Margaret hatte auch einen Bruder, Rudolf Lippmann, welcher am 11.10.1933 in Köln Suizid beging. Er war kurz zuvor nicht zur Fortsetzung seines Medizinstudium zugelassen worden. Mehr über die Familie Lippmann ist in der veröffentlichten Biografie von Margarets Onkel Leo Lippmann nachzulesen (vgl. www.stolpersteine-hamburg.de).

1917 besuchte Margaret zunächst die Grundschule, danach die weiterführende Emilie-Wüstenfeld-Schule (damals EWS, eine reine Mädchenschule). Nach ihrer Schulzeit begann sie ein Pharmaziestudium (Staatsexamen). Vom 1.10.1931-1.10.1933 war sie als Apothekenpraktikantin in der Apotheke am Winterhuder Marktplatz in Hamburg tätig. In diesem Zeitraum bestand sie auch ihre pharmazeutische Vorprüfung. Vom Herbstsemester 1934 bis zum Herbstsemester 1936 besuchte sie die Universität in München. Am 12. 1.1937 bestand sie ihr Staatsexamen, welches sie als Jüdin auch nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten beenden durfte. Ihr Zeugnis jedoch enthielt den diskriminierenden Vermerk, dass sie dieses wegen ihrer Abstammung nicht zur Ausübung des Berufes als Apothekerin berechtigte. Dies schränkte Margaret enorm in ihrem Berufsleben ein, da sie nicht als Apothekerin arbeiten und somit kaum Geld verdienen konnte.

Mit Aussicht auf ein besseres Leben und vor allem besser bezahlter Arbeit wanderte sie im Mai 1937 nach Australien aus. Dort wurde ihr deutsches Staatsexamen wiederum nicht anerkannt, weshalb sie vorerst schlecht bezahlte und untergeordnete Stellungen annehmen musste. Für ein richtiges Studium oder jegliche Praktika hatte sie kein Geld, da sie weiterhin kein festes Einkommen hatte. Schließlich begann sie für ihren Vater als Sprechstundenhilfe und Sekretärin zu arbeiten, welcher ebenfalls nach Australien ausgewandert und dort als Oberarzt an einem Krankenhaus war.

Am 7.9.1949 heiratete Margarete den ebenfalls in Hamburg geborenen Walter Hirsch und emigrierte mit ihrem Mann weiter in die USA, nach Dallas in Texas. Anfang 1950 reichte Margaret ihren ersten Entschädigungsantrag ein, welcher sich auf den Schaden durch ihre beruflichen Einschränkungen, den Transferverlust, Schaden am Eigentum (z.B. eine beschlagnahmte Perlenkette) und die Kosten der Auswanderung bezogen. Da jedoch ein Großteil der Unterlagen im Krieg vernichtet worden war, konnte sie viele Kosten (z.B. für die Auswanderung) nicht belegen. Über 15 Jahre steckte Margaret viel Mühe in unzählige Entschädigungsanträge, welche jedoch immer wieder abgelehnt wurden, da sie beispielsweise, nach §179 (2) des Bundesentschädigungsgesetzes kein Privileg auf Vorrang genoss, da sie nicht über 60 Jahre alt, bedürftig, oder durch Krankheit/ Gebrechen in ihrer Erwerbungsfähigkeit um mind. 50% gemindert war. Als sie irgendwann Klage erhob, wurde ihr Anspruch im Urteil erneut abgewiesen und sie musste die Gerichtskosten selbst tragen. Ihre Mutter Anna Lippmann erhielt eine Entschädigung und Witwenerbe als Margarets Vater starb, wovon sie jedoch kaum profitierte. Margaret Hirsch starb am 9.11.1976 in Dallas, Texas im Alter von 65 Jahren.

(Biografische Spuren zusammengestellt von Amina, 10d)

Ingeborg Elisabeth Adler

Ingeborg Adler (geb. am 9. März 1912) war 1928-1929 Schülerin an der EWS. Sie wurde als Tochter eines bekannten Künstlers, Friedrich Adler, geboren. Die Mutter von Ingeborg, Bertha Haymann, verstarb bereits am 25. November 1918 an der Spanischen Grippe.

Von März 1933 bis zum Sommer 1938 hielt sich Ingeborg mithilfe ihrer Verwandten in Paris, auf Zypern, in Israel und Palermo auf Sizilien (Italien) auf und kehrte anschließend nach Hamburg zurück. Im Herbst 1938 emigrierte sie über Holland in die USA, wo sie als Schneiderin tätig war.

Bereits auf Zypern bekam sie Magenschmerzen und in Israel verschlimmerten sich diese Schmerzen. Von Israel zog Ingeborg nach Zypern zurück, wo ein Magengeschwür festgestellt wurde, das sie auf die Verfolgungsmaßnahmen zurückführte. Vor der Verfolgung war sie noch gesund.

Ihr Vater, Friedrich Adler, wurde am 11. Juli 1942 aufgrund seiner jüdischen Abstammung verfolgt, ins Konzentrationslager Auschwitz deportiert, bei der Selektierung als nicht arbeitsfähig eingestuft und kurze Zeit später vermutlich ermordet.

Trotz aller Verfolgungsmaßnahmen überlebte Ingeborg Adler die Schoah. Sie machte später Entschädigungsansprüche wegen Gesundheitsschadens geltend und berief sich bei der Begründung darauf, dass sie sich durch die Verfolgung – insbesondere durch das Leben in der Emigration – gesundheitliche Schäden zugezogen habe. Dieser Antrag wurde jedoch abgelehnt, da die Anzeichen für das Vorliegen eines Magengeschwürleidens anscheinend nicht ausreichend vorhanden waren.

 (Biografische Spuren zusammengestellt von Sarah, 10c)

Hilde Wilhelmine Lehmann, geb. Beck

Hilde Wilhelmine Beck (später Lehmann) wurde am 18.03.1910 geboren und verstarb 01.12.1983. Sie war von 1916 bis zum 17.09.1927 Schülerin in der EWS, mit Abschluss Abitur.

Ihre Eltern (Carl Beck, verstorben im August 1951, und Fanny Beck, geb. Schwarz, verstorben im März 1959) waren „Volljuden“ und wurden, ebenso wie Hilde Beck, aus diesem Grund verfolgt. Hilde Beck lebte mit ihren Eltern und ihrem Bruder Walter Beck im Leinpfad 25 in Hamburg.

Ihr Vater arbeitete als Bankfachmann und war Teilhaber bei der Firma Wilhelm Rée jr./Bankkommanditgesellschaft, Hamburg. Er musste aus „Rassegründen“ seinen Posten aufgeben und wurde im Zuge der „Arisierung“ der Firma am 1. Juli 1938 entlassen. Danach hat er keine Berufstätigkeit mehr ausgeübt.

Hilde Beck heiratete am 20.08.1935 Günter Lehmann (geb. am 20.07.1905, verstorben am 24.04.1978 in New York). Am 21.07.1937 wurde Ihr Sohn Ralf Arnold Walter Lehmann geboren. Günter Lehmann war von Beruf Juwelier und Diamantenhändler. Hilde selbst war Hausfrau und übte keinen Beruf aus.

Am 01.04.1941 wanderte Hildes Familie über Bilbao (Spanien) und Cuba nach Amerika aus. Ankunft in New York war im Juni 1941. Kurz vor ihrer Flucht wurde das Juweliergeschäft ihres Mannes brutal überfallen, er wurde von Nazis u.a. ins Gesicht geschlagen. Im Zuge dessen erlitt er ernsthafte Augenverletzungen (u.a. eine Netzhautablösung) und weitere körperliche Schäden, wodurch er seinen Beruf nicht weiter ausüben konnte.

Weder Hildes Vater noch Ihr Mann Günter Lehmann haben in Amerika ihre Berufe ausgeübt. Günter hielt sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Sie lebten in der 310 West 106th Street in New York.

Ihr Bruder Walter Beck (geboren 5. Juli 1907, Abitur: 1927, Beruf: Kaufmann und Prokurist bei der Firma S.R. Levy), wurde ebenfalls im Zuge der „Arisierung“ der Firma am 1. Juli 1938 entlassen. Walter ist 1939 und damit zwei Jahre vor seinen Eltern nach New York ausgewandert. Allerdings über Schweden/Finnland, dann Russland und Japan. Er kam 1941 in den USA an und wohnte in der 58 West 75th Street, NY. Die ganze Familie hat später die amerikanische Staatsbürgerschaft angenommen.

In den 1960ern hat die Familie mehrere Anträge auf Wiedergutmachung gestellt (Bevollmächtigter: Oskar Petersen, Rechtsanwälte: Dr. Percy Barber, Dr. Hans Labin). Sie bekamen nach vielen Briefen und langer Dauer Wiedergutmachungszahlungen. Zudem bekam ihr Mann Carl Beck bis zum Ende seines Lebens eine Berufsschadenrente. Nach seinem Tod bekam Hilde eine Witwenrente über 384,30 DM pro Monat.

Im Alter von 73 Jahren verstarb Hilde Lehmann am 01.12.1983 im Alpine Nursing and Convalescent Center in Hershey (USA).

(Biografische Spuren zusammengestellt von Ida und Hannah, 10d)

Henriette Lloyd, geb. Aron

Es ist das Jahr 1938. Henriette, ihre Schwester und ihre Mutter flüchten nach London, England. Sie werden verfolgt “aus rassischen und religiösen Gründen”. Henriette und ihre Familie sind jüdisch.

Eigentlich lebt sie in Hamburg. Dort besucht sie die Volksschule und wechselt dann 1934 zur Emilie-Wüstenfeld-Schule. Henriette ist eine sehr begabte Schülerin und hat eigentlich den Plan, später Kinderärztin oder Sängerin zu werden. Denn Henriette ist musikalisch begabt und hat eine so tolle Stimme, dass sie mit etwas Übung konzertreif sein könnte. Doch nun muss sie auswandern, nach London flüchten. Henriette muss die Ausbildung abbrechen und die englische Staatsangehörigkeit annehmen.

Ihr letztes Schuljahr in Hamburg war schrecklich. Sie musste in der letzten Bankreihe sitzen und unglaubliche Beleidigungen ihrer nicht-jüdischen Mitschülerinnen über sich ergehen lassen.

Im Juli 1938 bekommt Henriette Privatunterricht, um Englisch zu lernen. Ende 1938 kommt Henriette schon auf die Henriette-Barnett-Schule. Doch sie muss diese zwei Jahre später wieder verlassen, da ihr Vater interniert wurde und sie anfangen muss, Geld für sich und ihre Familie zu verdienen. Henriette fängt an, als Kontoristin zu arbeiten und ist verantwortlich für Büro- und Verwaltungsarbeiten.

Dann wechselt Henriette im Jahr 1944 in England ihren Job und wird Kindergärtnerin/Erzieherin. Doch von Kriegsende bis 1947 arbeitet sie wieder als Kontoristin.

Innerlich möchte sie jedoch ihren Traum als Sängerin verfolgen, weshalb sie in den  Jahren 1947-1953 eine Gesangsausbildung bei Frau E. Gerhard beginnt. Insgesamt kostet sie diese Ausbildung 598,10 Pfund. Dazu fallen noch weitere “erhebliche Beträge” an, da Henriette zusätzlich zur Ausbildung auch noch Musik- und Gesangsunterricht nimmt. Insgesamt waren die Ausgaben, die Henriette für ihre Ausbildung getätigt hat, höher als die von der Entschädigungsbehörde gegebenen 5000 DM. Diese bekam Henriette, weil sie die “Voraussetzungen für eine schwere Schädigung” erfüllte. Denn durch ihre Flucht nach London entstanden gemäß Paragraph 115 BEG auch Schäden im beruflichen und wirtschaftlichen Bereich, weshalb Henriette eine Entschädigung von 5000 DM (2556,48 €) zustand.

1955 zieht Henriette nach New York und arbeitet dort beim International Rescue Committee. In dieser Zeit hört sie jedoch nicht mit dem Singen auf. Ihr Beruf schränkt sie jedoch in der Ausübung des Singens ein, weshalb sie im Januar 1957 einen Kurs an der Julilliard-Schule in New York, der besten Musikschule Nordamerikas, belegt. Noch im gleichen Jahr zieht Henriette wieder nach Hamburg.

Im Jahr zuvor stellte Henriette ihren ersten Antrag bei der Entschädigungsbehörde, da ihre gesamten Ausbildungsausgaben nicht gedeckt wurden. Insgesamt brauchte es fast 10 Jahre, viele Schreiben und einige Komplikationen, ja sogar einen Wechsel von Anwälten, bis Henriettes Antrag auf Ausbildungsschaden “erledigt” war.

Alles, was Henriette Lloyd erlebte, geht nicht spurlos an ihr vorbei. Seit 1939 leidet Henriette nach dem Attest von Dr. S. Levy an Migräne, Depressionen und Anfällen von Angstzuständen. Dies ist exemplarisch für viele Opfer des Nationalsozialismus.

(Biografische Spuren zusammengestellt von Emilia, Jg. 11)

 

Gisela Tosh, geb. Aron

Es ist das Jahr 1938, Gisela flüchtet mit ihrer Schwester und Mutter nach London, England. Sie werden verfolgt aus „rassischen und religiösen Gründen“. Gisela und ihre Familie sind jüdisch.

Gisela lebte in Hamburg und wünschte sich, wie auch ihre Eltern, dass sie mal studieren wird. Sie wechselte somit 1936 von der Mädchenvolksschule auf die Emilie-Wüstenfeld-Schule. Als Jüdin musste Gisela immer auf der letzten Bank sitzen und sie litt unter Schikanen und Beleidigungen ihrer Mischülerinnen. Gisela verließ die Emilie-Wüstenfeld-Schule an Ostern 1938 und wanderte mit ihrer Mutter und Schwester nach England aus. Ab Dezember besuchte Gisela die englische Volksschule, „Wessex Garden School“. Gisela blieb dort bis September 1939 und wechselte dann erneut die Schule. Die höhere Töchterschule besuchte Gisela fünf Jahre und verließ sie dann mit dem entsprechenden Schulzertifikat im Alter von 18 Jahren. Dieses Schulzertifikat war jedoch nicht mit dem Abitur gleichgesetzt und erschwerte Giselas Bestrebungen, in ihrem Leben erfolgreich zu werden. Sie musste aufgrund von „mangelndem Wissen“ aspäter das „Chelsea College of Science and Technology“ nach einem Jahr verlassen. Gisela ging noch im selben Jahr nach Frankreich und lebte dort zwei Jahre, um in Paris und Grenoble Französisch zu lernen. Sie war eine Studentin an der „Ecole des Arts“, schloss jedoch das Studium nicht ab. Gisela hatte eine Leidenschaft für die Kunst. Sie machte unter anderem bei einem Buchcover-Wettbewerb mit, und gewann dort den dritten Preis für ein selbst entworfenes Buchcover von Saint Joan. Dieses Design wurde ausgestellt und Gisela erhielt viel Lob für ihre Kreativität.

Wieder in London arbeitete sie einige Zeit als Buchbinderin, bis sie 1953 heiratete und zwei Kinder bekam. Von da an lebte sie nur noch als Hausfrau und kümmerte sich um ihre Kinder. Sie wünschte sich allerdings ihr Kunststudium weiterzuführen. Gisela stellte einen ersten Antrag an die Entschädigungsbehörde, da sie die  „Voraussetzung für eine schwere Schädigung“ erfüllte. Durch die Flucht nach London entstanden gemäß Paragraph 115 BEG auch Schäden im beruflichen und wirtschaftlichen Bereich, womit ihr 5000 DM zustanden. Giselas Antrag wurde lange nicht beachtet und sie musste oft ihren Anwalt wechseln. Es war eine große Arbeit das Geld zu bekommen. Nach vielen Ablehnungen, erhielt sie letztendlich am 2.11.1965, durch einen Antrag  10.000 DM.

Über Gisela Tosh ist nach der Auszahlung des Geldes nichts mehr zu finden, jedoch waren ihre früheren Erlebnisse immer ein Teil ihres Lebens und haben sie noch weiter verfolgt.

(Biografische Spuren zusammengestellt von Paula, Jg. 11)