Verlegung von Stolpersteinen am ewg

Herzliche Einladung zur Verlegung und Einweihung der Stolpersteine am ewg:

Samstag, 10. Juni 2023, 9.30 Uhr an der Bundesstraße 78, direkt vor dem Hauptgebäude

Der Künstler und Stolperstein-Erfinder Gunter Demnig wird die Steine persönlich verlegen. Danach wird es noch eine kleine Einweihungs- und Gedenkfeier für die 9 ehemaligen Schülerinnen und die ehemalige Lehrerin geben. Wir danken sehr herzlich der Initiative “Stolpersteine in Hamburg”.

Über das Recherche-Projekt “Stolpersteine am ewg”

Anlässlich des Schuljubiläums konstituierte sich eine Gruppe interessierter Schülerinnen unter der Leitung unseres Geschichtslehrers Simon Raß, um über Schicksale der Menschen an unserer Schule zu recherchieren, die während der Zeit des Nationalsozialismus ausgegrenzt, enteignet, verfolgt oder ermordet wurden. Neben der 1933 entlassenen Kunsterzieherin Gretchen Wohlwill und der später ermordeten Lehrerin Martha Berend, über deren Schicksale eine Gedenktafel seit den Neunzigerjahren im Hauptgebäude erinnert, soll auch weiterer Mitglieder der Schulgemeinschaft gedacht werden. Wir danken Herr Raß sehr herzlich für die Initiative und seine Projektbegleitung.

Allein in Hamburg gibt es mittlerweile fast 6600 dieser kleinen Messingplatten, die nicht nur an den ehemaligen Wohnorten der meist jüdischen Opfer verlegt werden, sondern auch an Orten, an denen sie gewirkt, gelehrt, gelernt oder gearbeitet haben. Insofern überraschte es vielleicht, dass bis vor kurzem keine Stolpersteine am Emilie-Wüstenfeld-Gymnasium zu sehen waren. Dies hat sich nun geändert. Denn wir wussten, dass an der damaligen Emilie-Wüstenfeld-Schule (EWS) durchaus Lehrkräfte tätig waren, die im Nationalsozialismus verfolgt bzw. ermordet wurden, so auch die ehemalige Lehrerin Martha Behrend. Und unter den Schülerinnen – damals war die EWS eine reine Mädchenschule – gab es mit Sicherheit auch etliche Opfer des NS-Regimes, wie zum Beispiel die ehemalige Schülerin und spätere Widerstandskämpferin Magda Thürey.

Da so ein Unterfangen sehr viel Recherchearbeit erfordert, brauchten wir die Mithilfe unserer Schüler*innen: So wurde im September 2022 eine Arbeitsgruppe gegründet und für alle ab der 10. Klasse geöffnet, die Interesse an historischer Forschung hatten und in aufwändiger Recherchearbeit herausfinden wollten, welche ehemaligen Mitglieder der Schulgemeinschaft vom NS-Regime verfolgt und ermordet wurden.

Es meldeten sich viele geschichtlich Interessierte, um an diesem Projekt mitzuwirken, sodass sich letztendlich eine Gruppe von 19 Schülerinnen im Herbst 2022 an die Arbeit machte, die zunächst daraus bestand, Namen ehemaliger Schülerinnen in diversen Schulakten, z.B. in Abgangs- und Aufnahmebüchern, im Staatsarchiv zu sichten und mit den Namen der Gedenkbücher des Bundesarchivs und der Gedenkstätte Yad Vashem abzugleichen. Damit uns auch keine ehemalige Schülerin entging, wurden nicht nur Namen abgeglichen, die auf eine jüdische Herkunft schließen ließen oder die mit einer entsprechenden Bemerkung in den Akten versehen waren: Nein, es mussten tatsächlich alle Namen überprüft werden. Diese Tätigkeit war nicht nur sehr arbeitsintensiv und zeitaufwendig, sondern auch sehr nervenaufreibend, da es in den meisten Fällen keine namentlichen Übereinstimmungen gab. Doch dem hohen Engagement der Schülerinnen ist zu verdanken, dass bei der Recherche durch Zufall sogar einige schulfremde Hamburgerinnen gefunden wurden, für die nun ebenfalls Stolpersteine an ihren ehemaligen Wohnorten verlegt werden sollen.

Unterstützt wurde unsere Arbeitsgruppe von Anfang an von Frau Christina Igla von der Hamburger Stolperstein-Initiative, die den Schülerinnen beim Recherchieren eine unverzichtbare Hilfe war und unsere Arbeit nicht nur eng begleitete, sondern auch in die richtigen Bahnen lenkte. Ohne sie wäre das Projekt ganz sicher nicht so erfolgreich geworden. Sie sichtete Akten, sortierte aus, überprüfte Namen, leistete eine Menge Vorrecherche und schaffte so erst die Grundlage für das Gelingen des Projekts.

Jedoch stieß die Gruppe bei ihrer Recherche nicht nur auf Namen ehemaliger jüdischer Schülerinnen, die ermordet wurden, sondern auch auf die, die sich durch Flucht ins Ausland retten konnten. Bei weiteren Recherchen im Staatsarchiv und in der Forschungsstelle für Zeitgeschichte konnten insgesamt über 130 Namen ehemaliger Schülerinnen der EWS zusammengetragen werden, die auf diese Weise den Holocaust überlebten. Da Stolpersteine jedoch nur für ermordete Opfer des Nationalsozialismus verlegt werden, stand schnell fest, dass zusätzlich auch eine Gedenktafel für die Überlebenden entstehen musste, denn an sie wollen wir ebenfalls erinnern.

Am 10. Juni werden nun 10 Stolpersteine auf dem Bürgersteig vor der Schule (Bundesstraße 78) verlegt, die an 9 ehemalige Schülerinnen und eine ehemalige Lehrerin erinnern:

Lehrerin: Martha Behrend
Schülerinnen: Rahel Brueh (geb. Schapiro), Julie Cahn (geb. Horwitz), Hildegard Czyzyk (geb. Giesnow), Ilse Frensdorf (geb. Fallek), Alice Maschke (geb. Fraenkel), Irmgard Masse, Blanka Frieda Redlich (geb. Neumark), Charlotte Schreiber, Magda Thürey (geb. Bär).

Die zusätzlich geplante Gedenktafel wird ca. 130 Namen tragen. Stellvertretend für sie werden begleitend 11 Lebensgeschichten von unseren Schülerinnen recherchiert und rekonstruiert, um auf unserer Website veröffentlicht zu werden. Die Schülerinnen verbrachten hierfür einige Zeit im Staatsarchiv. An dieser Stelle möchten wir Frau Mügge und dem gesamtem Team des Lesesaals des Staatsarchivs für die unbürokratische Hilfe bei unseren Besuchen danken.

Unser besonderer und allerherzlichster Dank gilt Christina Igla, ohne deren unermüdlichen Einsatz dies nicht möglich gewesen wäre. Auch Maria Koser von der Stolperstein-Initiative half bei Beginn des Projektes mit praktischen Tipps. Ebenfalls bedanken möchten wir uns bei allen Mitgliedern der Gruppe aus den 10. und 11. Jahrgangsstufen für ihre ausdauernde Arbeit.

(Simon Raß)