Innen/Außen, Madonna und Männlichkeit in der Kunsthalle

Innen/Außen, Madonna und Männlichkeit in der Kunsthalle.

Der Deutschkurs (11/Grusnick) besuchte im Januar die Kunsthalle, um die ausgestellte Kunst auf den gelesenen Roman „Das kunstseidene Mädchen“ von Irmgard Keun zu beziehen. Ich habe diese Exkursion als sehr erfolgreich wahrgenommen. Ein junger Kunstexperte führte uns zwei Stunden lang durch die Ausstellung und zeigte uns insgesamt fünf Kunstwerke, welche wir gemeinsam beschrieben, analysierten und in Zusammenhang mit dem Roman brachten. Die Führung begann mit einer aus Bronze gestalteten Gussfigur von Henry Moore mit dem Titel „Aufrechte innere / äußere Figur“ von 1959. Sie stellt gleichzeitig etwas von außen Gefangenes als auch Geschütztes dar. Die äußere Schale wurde als „Kokon“ beschrieben, wohingegen die innere Figur als Vogel oder gar als Mensch gedeutet wurde. Uns wurden mehrere Sätze und Textpassagen aus dem Roman Keuns vorgelegt, welche wir mit der Figur und unseren unterschiedlichen Gedanken in Verbindung brachten. Der Kunstexperte legte großen Wert darauf, dass alle ihre Gedanken unkommentiert teilen konnte. Es war ihm ein Anliegen, zu erfahren, was uns individuell und subjektiv bewegte. Dieses führte zu einer sehr harmonischen und freien Atmosphäre, die uns über die zwei Stunden in der Kunsthalle hinaus begleitete. Nach der Auseinandersetzung mit der Gussfigur Moores begann der Hauptteil unserer Führung. Wir wurden in drei Gruppen eingeteilt und bekamen den Auftrag, jeweils ein Gemälde zu interpretieren und dieses in Verbindung mit dem Roman „Das kunstseidene Mädchen“ zu setzten, darunter „Madonna“ von Edvard Munch. Nach einer kurzen Recherche verglichen wir dieses mit der heiligen Jungfrau Maria. Während Maria normalerweise als bekleidete Frau mit Heiligenschein und hauptsächlich als Mutter dargestellt wird, präsentiert Munch seine „Madonna“ genau gegenteilig, wobei sie allerdings dieselbe Person darstellen soll. Diese Feststellung und viele weitere Erkenntnisse brachten wir dann in einem Vortrag für die anderen Gruppen mit dem „kunstseidenen Mädchen“ in Verbindung. Wir lernten, verschiedene Positionen und Meinungen zur Kunst zu respektieren und nachvollziehen zu können – so, wir es auch auch im Unterricht erleben. Es wurde uns auch das Gemälde „Bildnis Egon Erwin Kisch“ von Christian Schad vorgestellt. Wir erarbeiteten, dass dieses einen typischen Mann und das Verständnis von Männlichkeit im Jahr 1928 realistisch darstellt. Es wurde dabei ein tiefgründiger Bezug zur heutigen Gesellschaft hergestellt, den wir mit Irmgard Keuns Roman „Das kunstseidene Mädchen“ verglichen. Die Exkursion in die Kunsthalle und die Auseinandersetzung mit den Kunstwerken ließ uns anders lernen und Gelerntes anders anwenden, als es im schulischen Alltag möglich ist. Frau Grusnick ermöglichte es uns, erfolgreich und mit Freude außerhalb des Klassenzimmers, in anderen Situationen, miteinander und voneinander, Neues zu lernen.

(Christopher, S1)